...ob es nur an der Jahreszeit liegt, an den dunklen Tagen im November? In den letzten Wochen ist mir wie noch nie aufgefallen, wie viel Leid und existenzielle Not es bei uns Menschen gibt. Und wie viele Facetten und Gesichter dieses Leiden haben kann. Ich höre von Menschen, deren Gesundheit einfach nicht mehr mitmacht oder die innerhalb kürzester Zeit von dieser Erde weg müssen. Was für ein Schock für die Angehörigen ganz zu schweigen von den Betroffenen selbst, wenn sie sich auf diesen Weg machen müssen. Aber auch an diejenigen, die in einem langen Weg der Demenz sich immer mehr von uns entfernen, ist zu erinnern. Dann die Sorge, wie es sein wird, wenn der Ehepartner oder die Ehepartnerin nicht mehr da sein wird, wenn man allein dasteht und vielleicht nicht mehr in seiner Wohnung bleiben kann. Wo soll ich dann hingehen? Gibt es noch einen Ort, an dem ich mich dann wohl fühlen werde.
Ich weiß, dass man über solche trüben Dinge nicht gerne redet und auch nicht gerne schreibt. Sie sind kaum erträglich! Und schauen wir gemeinsam in diese Welt hinein, dann sehen wir Krieg und Unfrieden. Es wird so viel von Frieden geredet und dass man ihm näher gekommen sei..., aber ich halte es mit einem Bibelzitat: “Friede, Friede und ist doch kein Friede!“ Da komme einer psychisch und seelisch noch mit! Ich mach mir keine Illusionen und sehe, wie die Menschen das einfach verdrängen. Vielleicht verdrängen müssen - als neue Überlebensstrategie. Neu? Auch das ist nichts Neues unter der Sonne. Dann sehe ich junge Familien, die um das tägliche Dasein kämpfen. Manchmal einfach nicht die Wohnung oder das Haus finden, dass sie brauchen Oft erfüllen sich die Wünsche nicht, die man so intensiv hegt, dann man muss eben mit weniger Gutem vorlieb nehmen. Das ist eine Last auf der Seele! Dabei wohnen wir in einem Land, wo es ja noch gut geht - eigentlich. Wenigstens hungert keiner von uns, die medizinische Versorgung ist zwar unglaublich teuer, aber doch noch gut. Fragt man sich, wie lange noch? Ich sehe so viele Menschen, die eine Last auf ihrer Seele liegen haben. Wie gesagt, es ist mir in den letzten Wochen und Monaten sehr aufgefallen. Darf ich Ihnen verraten, dass ich mich deshalb so auf Weihnachten freue, weil dieses Fest für mich einfach d e r Lichtblick ist. Ich mag den November nicht. Zu dunkel, zu trüb, zu wenig Licht, sogar wenn mal die Sonne scheint. Da liebe ich mir doch den Advent, wo wir, wenn auch, kleine Lichter aufstellen und diese kleinen Lichter in unsere Seele fallen. Genau diese Lichtblicke sind so wichtig. Ein Stück Hoffnung! Wärme! Ein zartes Berühren meiner Seele!
Ein wohliges Streicheln! Balsam für die verwundete Seele! Eine tröstende Hand! Ein gelebte Nähe! Ein Wunder der Menschlichkeit! Ein Zu-Ruhe-Kommen! Weihnachten eben.
Und da dies nicht von jetzt auf nachher gelingt, brauchen wir noch den Advent dazu. Sozusagen als „Einfädelspur“ zu diesem Kontrastprogramm, das uns helfen und heilen soll. Fragt sich nur, ob wir es überhaupt wollen? Oder leider zulassen, dass es wieder ins Negative kippt. Menschen sich eher ausgeschlossen und belastet fühlen. Kommerz und Kitsch im Vordergrund stehen anstatt Mitmenschlichkeit und das Ablassen vom Stress. Da schenkt uns unser guter Gott so ein wundervolles Fest und wir verdrehen es wieder bis zur Unkenntlichkeit. Was würde denn helfen?
Helfen würde...
- ein intensives Lauschen auf das, was Leben ausmacht
- ein Hinhören auf den Anderen und seine Worte
- ein Aufsaugen der Melodien im Inneren
- ein Ruhegeben bis das Pendel der Unruhe ausschwingt
- ein bedachtes und gütiges Wort
- ein verständnisvoller Blick
- ein Quäntchen Mitleid und Erbarmen in den Augen
- ein Lächeln, das Fehler überdeckt+ eine Liebe, die immerzu wärmt und hilft
Eben so, wie es Gott selbst gemacht hat. Und wo sehe ich das? Nirgends besser als dort, wo er in der Krippe liegt oder am Kreuz hängt. Das ist sein Markenzeichen. Das ist seine Art, sich uns hinzugeben. Das ist sein Weise, uns zu lieben. Es gibt wohl leine andere! Kann das einer verstehen? Oder haben wir noch nicht genug darüber nachgedacht?
Gottes Segen zur Advents- und Weihnachtszeit
Ihr Gemeindepfarrer Joachim Knab



